Naantali. Malerische (wie man so sagt) Altstadt, malerischer (wie man so floskelt) Fähr-Hafen. Nur leider schwer zu fotografieren. Am frühen Morgen waren kaum Menschen zu sehen. Nirgends. Selbst der Hafen in schläfriger Beschäftigungslosigkeit. Hier wurde die Zeit gedehnt.
Beschaulich
Die Cafés und Restaurants großenteils noch geschlossen.
Entweder war noch nicht Saison oder ich war zu früh dran (10 Uhr) – und der Touristenstrom setzte noch ein?
Bewegungslos
Straßenzüge von einstöckigen Holzbauten aus dem 18. und 19. Jahrhundert.
Uuups - ein Mensch!
Pittoresk (wie man so sagt). Aber – eben menschenleer.
Und schon wieder weg
Nur der übliche Krimskrams-Fensterschmuck.
Einfach weiter geradelt bis Uusikaupunki. Nicht ganz so pittoresk, nicht ganz so malerisch. Aber genauso leer.
Meditativ
Ich hatte Zeit, mich um das Wichtige zu kümmern: Essen und Trinken.
Der Wind hatte nachgelassen, blies aber immer noch so stark, dass ich einen weiteren Tag kämpfen musste. Der Abschied von Mangalia war nicht schwer gefallen, zu wenig hatte der Küstenort zu bieten.
Auf Sand gebaut
Die weitere Strecke: mal ein interessantes Dorf (offensichtlich mit türkischer Minderheit).
Skyscraper
Mal ein weitgezogener Strand (mit der üblichen Totalverbauung).
Meer ohne Ruhe
Ich war froh, als ich in Konstanza einfuhr. Die Großstadt zuerst erschreckend hässlich.
Oben und unten
Erst als ich abgesattelt, im Hotel eingecheckt hatte und mich zu Fuß auf Erkundung begab, änderte sich der Eindruck. Die Altstadt war rappelvoll.
Zeit, die nicht voranschreitet
Sie wirkte ein bisschen, als sei ihr Potenzial gerade erst entdeckt worden, als habe das große Restaurieren gerade eben begonnen.
Es geht voran?
Nur beim genaueren Hinsehen konnte man sehen, dass die schönen Fassaden eher eingesprengten historischen Attrappen glichen in einer immer noch dominierenden unwirtlichen, menschenfeindlichen, ja fast totalitären Architektur. War diese noch-kommunistisch oder schon-kapitalistisch? (Also vor 89 oder danach?)
Links, rechts
Aber wollte ich heute genauer hinsehen? Nein. Heute nicht. Ich pickte mir die schönsten Ecken heraus (vergaß auch mal, die Kamera gerade zu halten).
Welches Jahrhundert?
Ich flocht mich in das Gewimmel von Menschen (orthodoxes Osterwochenende!) ein, die am Hafen, unterhalb der großen Moschee, flanierten.
Sonnenuntergangs-Silhouette
Und suchte mir ein gutes Restaurant.
Unterkunft: Hotel Carol. Zentral gelegen. Alter, sehr gut restaurierter Bau. Hatte Flair. Sehr netter Empfang. Fahrrad in Abstellkammer untergebracht. 42 Euro (mit ausgezeichnetem Frühstück.)
Ich hatte einen klaren Auftrag. Eine Freundin aus Stuttgart hatte mich gebeten, wenn ich doch schon im Nordosten Griechenlands rumkurvte, in einem kleinen Dorf namens Agora vorbeizufahren und möglichst viele Fotos zu machen. Der Grund: Ihr (türkischer) Großvater stammte von dort und war 1920 nach Istanbul umgesiedelt. Sie wollte eine fotografische Erinnerung an den Herkunftsort ihres Opas. Bis 1922 war die Gegend osmanisch. Nach dem (türkisch-griechischen) Krieg wurde sie griechisch. Die Türken (500.000) von hier wurden größtenteils in die (heutige) Türkei umgesiedelt. Ca. 1,5 Million Griechen, die in damals dort in Kleinasien wohnten, wurden zurückgespiegelt und vor allem hierher (nach Ostmakedonien und Thrakien) umgepflanzt.
Ich verließ Drama Richtung Berge.
Die Landschaft schön, wellig, fruchtbar. Mit eingesprengten kleinen Dörfern.
Dorf mit 1 Straße
Früher war die Gegend bekannt für Tabakanbau. Was heute kultiviert wird? Ich konnte es nicht erkennen.
Frühlingsfarben
Langsam ging es hoch. Die Dörfer immer ruhiger. Nicht mal Hunde bellten.
Wohnzimmer draußen, nicht drinnen
Es fehlten noch ca. 5 Kilometer bis Agora. Keine Beschilderung. Viele Kreuzungen. Am Wegrand ein Hirte mit seiner Kuh-Herde und ein weißhaariger älterer Mann. Ich fragte auf Englisch, dann auf Deutsch … wo bitte geht’s lang?
Sonnig (Charakter und Tag)
Der Hirte verstand ein paar Brocken Deutsch. Fragte, was ich denn in Agora wolle? Ich erklärte … Eine türkischstämmige Freundin …. türkischer Opa … dort gewohnt … Die beiden verstanden nicht wirklich, nickten aber interessiert. Zeigten mir den Weg, der mir ziemlich nasse Füße bescherte.
Ich musste barfuß diese wadentiefe Furt mit meinem Lastesel durchqueren. Eiskalt.
Coldstream
Wenig später kurvte der weißhaarige Mann von vorhin mit seinem Auto an mir vorbei. Stoppte und bedeutete mir zu warten. Er stammte selbst aus Agora, konnte weder Deutsch noch Englisch. Aber per Handy hatte er um Hilfe für mich gerufen. Nach 5 Minuten kam schließlich ein weiteres Auto angezockelt. Ein munterer Rentner entstieg, ebenfalls aus Agora. Er sprach perfektes Deutsch.
Touristenhelfer
Ich erklärte wieder .. türkischstämmige Freundin … Opa aus Agora …. Der Herr verstand sofort. Fand es lustig, dass ein Deutscher nach türkischen Wurzeln in Griechenland… usw. … Er fragte, was ich denn über den türkischen Opa wisse. Ich nannte den Namen “Yasar Yasan”. Und ob ich wisse, wie das Dorf einst auf türkisch hieß? Ich sagte “Pazarlik”. Er war zufrieden. (Hatte ich den Test bestanden?) Er erklärte mir, dass es im Dorf keine “Erinnerung” mehr an die türkische Zeit gebe. Alle die hier wohnten, seien “Neulinge” von woanders her. Alle Türken von damals seien weg. Und mit ihnen eben die Namen, die Geschichten, die Erinnerung. Aber es gebe noch viele ehemals türkische Gebäude, die meisten allerdings verlassen und ziemlich heruntergekommen. “Agora”, sagte er, sei im Übrigen das griechische Wort für “Pazarlik” (Markt). Der Herr bedauerte schließlich, dass er selbst mir nicht helfen könne, da er einen wichtigen Termin in Drama habe. Aber mein Freund an seiner Seite würde er instruieren, mir alles zu zeigen, was es noch an “Türkischem” in Agora gebe. Sagte es, redete auf den Weißhaarigen ein und verschwand.
Der trottete dann mir seinem Kleinwagen vor mir her bis Agora.
Geschafft
Ein griechisches Winzdorf, mit einer überdimensionierten Kirche und einigen Kapellen.
Kirchenmacht
Und wie aus dem Nichts erschienen weitere Bewohner. Eine Nachbarin und ein Mechaniker, den mein weißhaariger Freund ebenfalls per Handy alarmiert hatte.
Nachbarschaftsrat
Der Mechaniker kam mit seinem Fahrrad den Berg hochgesprintet, hörte sich kurz meine Geschichte und mein Begehr an, sagte in akzentfreiem Deutsch, dass er leider nicht helfen könne, da er eine Terminarbeit habe, ich aber in besten Händen bei meinem Freund sei. Wir sollten doch später bei ihm auf einen Kaffee vorbei kommen. Und verschwand.
To make a long story short. Mein Freund telefonierte noch weitere Bewohner ab, bis ich schließlich in die Obhut eines Rentners weitergereicht wurde, der lange in Solingen in einer Autofabrik gearbeitet hatte und nun selbst in einem Haus wohnte, das vor über 100 Jahren Türken gehört hatte.
Er führte mich den Berg hoch in einen Ortsteil, der fast versteckt vom heutigen Hauptort lag …
Alter Dorfweg
Fortschreitender Verfall
… und zeigte mir das, was es an “Türkischem” noch zu sehen gab. Trümmer!
Fast verwunschen
Ausgedientes, Zugeklapptes.
Ausgerastetes, Zweckloses.
Es muss ein schönes osmanisches Dorf gewesen sein. Mit opulenten Herrenhäusern.
Mit herrlichen Aussichten, traumhaften Vorgärten.
Früher weideten hier Schafe
Mit kleinen Bauernhöfen.
Betonfrei
Mit pittoresken Dorfstraßen.
Genügend Platz
Mit fantastischer Natur.
Der hat Kriege erlebt
Ein ehemals glückliches (?) Dorf.
Eingebettet
Es lebte und atmete nicht mehr. Nur sehr vereinzelt hatten die Neubewohner die alten Anwesen übernommen. Einige wenige waren renoviert.
Mein Begleiter erklärte mir, dass sowieso nur noch alte Griechen hier wohnten. Alle jungen seine weg – fast alle in Deutschland – wo sie Alte ja früher auch gewesen seien.
Schlagartig wurde mir klar, dass ich es mit Vertriebenen zu tun hatte. Die Großelterngeneration hatte als griechische Minderheit im osmanischen Reich gewohnt, wurde vor 100 Jahren ins heutige Griechenland zwangsumgesiedelt, wurde nie heimisch in der neuen Heimat. Sie waren jetzt hier geschichtslos – so wie es dieser Ort war. Die nachfolgenden Generationen suchten ihr Glück dann (ab den 70er/80er Jahren) als Gastarbeiter in Deutschland.
Ich fragte meinen Begleiter, ob sie denn ab und zu in die Türkei führen auf der Suche nach ihren Wurzeln? Er sagte: “Manche”. Und er erzählte, dass jeden Sommer einige Türken nach Agora kämen, die die Häuser ihrer Groß- und Urgroßväter noch einmal sehen wollten. Wurzellose Vertriebene, denen man ihre Geschichte geklaut hatte, auf beiden Seiten.
Ich bedankte mich bei meinen Gastgebern. Verabschiedete mich – fast schon melancholisch.
Erst als ich schon weit aus dem Dorf war, fiel mir auf, dass ich in Agora nirgends Spuren eines muslimischen Friedhofs oder einer Moschee gesehen hatte.
Unterwegs – zurück zur Küste – weitere schöne (ehemals türkische) (jetzt) griechische Dörfer. Weingegend.
Schließlich Kavala erreicht.
Google-Blick
Die Altstadt mächtig auf einem Fels thronend.
Thron
Die Hafenstadt zeigte stolz, wie alt sie war.
Tropisch-römisch
Noch von Weitem war das historische Aquäduct zu erkennen.
Hinteransicht
Es fing an zu regnen. Kam die Sonne dennoch durch, bemalte sie die Berg/Küstenlandschaft mit traumhaften Farben.
Geschwungen
Sehr spät, nach über 100 Kilometern, erreichte ich Xanthi. Hier lebte noch eine türkische Minderheit. Vom großen Bevölkerungsaustausch vor hundert Jahren war dieses Städtchen ausgenommen worden.
Regenbogen bestrahlt
In der Nacht (unter Regen) in der schönen Altstadt spaziert. Ausgestattet mit schönen osmanischen Herrenhäusern.
Unterkunft: Hotel Xanthippion im Zentrum. Modern. Deutsch geführt. 58 Euro (mit Frühstück). Fahrrad im Keller abgestellt.
Erst jetzt fiel mir auf, dass ich im Stammland des Hellenismus deutlich weniger Altertümer am Straßenrand sah als auf meiner Tour durch Süditalien.
Sockel-Löwe
Hassten die Hellenen das Meer? Bauten sie ihre Kultstätten eher landeinwärts? (Todsicher gibt es schon seit Jahrhunderten Antworten auf diese naive Frage.)
Egal wie … ich bewegte mich vorübergehend landeinwärts …
Hinterland
… aber nicht auf der Suche nach alten Griechen, sondern nach alten Türken. (Erklärung folgt später.)
Strandete am Nationalfeiertag in der Provinzstadt Drama. Mächtig was los.
Jung belebt
Jede/Jeder herausgeputzt und auf dem Weg zur Parade oder direkt zum Feiern.
Jung bewegt
Drama: ein sympathisches Städtchen. Mit einer klitzekleinen Altstadt. Wenige Gebäude erinnern daran, dass die Gegend bis etwa 1920/1922 osmanisch war.
Gealtert
Dann gab es den großen griechisch-türkischen “Bevölkerungsaustausch”. Fast alle Türken wurden von hier nach Kleinasien umgesiedelt. Die Griechen aus dem Gebiet der heutigen Türkei kamen zwangsweise hierher.
Als wär's gestern
Ist so kompliziert, wie es klingt.
So isses heute
Viele der ehemaligen Türkenhäuser teilweise deutlich heruntergekomen.
Ich schlenderte durch das Städtchen. Es fing an zu regnen. Die Kneipen voll, die Straßen verwaist.
Schaufenster stellten aus,
Kleinkunst 1
was heute niemand kaufen konnte. Wegen Feiertag geschlossen.
Kleinkunst 2
Unterkunft: Hotel Xenia, Stadtmitte. Moderner Bau, groß (aber fast völlig leer). Sehr netter Empfang. 45 Euro (mitFrühstück.) Fahrrad in Abstellraum untergebracht.
Letzter Tag der 7. Etappe. In Taormina noch ein wenig getrödelt.
BergWaldStadtMeer
Coastline
Dann gemütlich der Küstenlinie gefolgt. Fast von überall war der Ätna zu sehen. Und schon bald war ich an meinem Ziel: Catania. Mein Fahrrad hatte ab sofort ausgedient!
Ich lief kreuz und quer durch die herrliche Altstadt, besuchte Bars, von deren Decken Drahtesel baumelten.
Fly high
Ruhte mich an Brunnen aus.
Lesen alle Ebooks?
Ließ mich von turtelnden Paaren überreden, für sie Fotos zu schießen.
Turtle und Turtlerin
Schlief in der Nacht kaum. Und trieb mich bereits früh am Morgen auf Märkten rum. Sizilianer haben keine Scheu vor gehäuteten Tieren,
Ausgeblutet
vor Innereien,
Abgehangen
vor Fischblut.
Bloody Saturday
Überhaupt: der Fischmarkt. Mit mitteleuropäischen Augen, Nasen, Ohren nicht zu begreifen, was da vor sich geht.
Mehr Menschen als Fische
Mit “südländisch” ist das nicht wirklich beschrieben, dieses Gewimmel, Geschrei, dieser Gestank.
Mehr Fische als Menschen
Mit “sinnlich” vielleicht schon mehr.
Wessen Fisch stinkt nun?
Langsam nahm ich Abschied von Italien, …
Vielfarbig
… das mich immer wieder überrascht hatte. Durch die Schönheit der Riviera, durch die Liebenswürdigkeit und Gastfreundschaft der Menschen. Ich konnte gar nicht mehr verstehen, wie ich dieses Land so lange habe ignorieren (und verkennen) können. Ich werde wiederkommen – pronto!
——-
Zum Schluß: Rund 1.800 Kilometer in gut 3 Wochen zurückgelegt. Jetzt fehlt nur noch eine Etappe, dann ist das Mittelmeer komplett geschafft. Dann fehlt im Grunde “nur” noch Skandinavien, um Europa gänzlich umradelt zu haben.
Die letzten beiden Tage lagen vor mir. Ich teilte sie in zwei angenehm zu fahrende Streckenabschnitte.
Von Milazzo fuhr ich mit dem Zug zuerst nach Messina zurück. Dort, wo ich vor über einer Woche bereits gewesen war. (Ungemein billig, das Bahnfahren in Italien. Dazu bequem. Könnte die DB einiges lernen!)
Aussicht
Dann startete ich mit dem Fahrrad. Angenehme Küstenstrecke.
Fernsicht
Nur zweimal musste ich mich anstrengen. Einmal ein kleiner Berg – und später der schweißtreibende Anstieg auf das fantastisch in den Fels eingeschmiegte Taormina.
Aber eigentlich waren meine Gedanken immer noch im Vergangenen. Die Woche Stromboli klang nach.
Ich erinnerte mich auch an meine erste Reise nach Sizilien, vor über 40 Jahren. Hier an der Ostküste, die ich gerade entlang radelte, schoss ich damals dieses Schwarzweiß-Foto eines Werbeplakats. In dem prüden Italien der 70er Jahre, besonders in Sizilien, hatte mich die recht offenherzige Anzeige überrascht.
Nahsicht
Etwa 10 Jahre später versuchte ich das Bild zu animieren. Meine erste GIF-Animation! Kann mich schon gar nicht mehr an den Rechner erinnern, auf dem ich das Werk in nächtelanger Arbeit erstellt habe.
Gegen 16 Uhr in Taormina eingetrudelt.
Verbaut
Zu Füßen des antiken Amphitheaters die fantastische Altstadt. Sie war (erwartbar) total überlaufen. Ich dachte, wo viele – vor allem – deutsche Touristen sind, gibt es sicher auch aktuelle deutsche Tageszeitungen oder politische Wochenmagazine zu kaufen. Weit gefehlt. Magazine gab es Zuhauf. Aber für welches Publikum? Wer kaufte sich das Zeugs?
Ansicht
Ich schlenderte ein wenig herum und setzte mich rasch in ein schönes Fischrestaurant. Ohne Lesestoff.
Langlang der Morgen. Lang entlang der See. Außerordentlich schöne Dünenstrände.
Aufgereiht
Zum ersten Mal Wasserkontakt. Kann’s selbst kaum glauben. (Fahre das Mittelmeer entlang, ohne reinzuspringen.)
Ungeschönt
Blaublau die Radwege.
Alongside
Dann stoppte ich. Sah eine merkwürdiges Trauerarrangement.
Ich verstand nichts (will sagen kein Italienisch). Es handelte sich offenbar um Trauerschmuck für im Einsatz umgekommene italienische Soldaten. Wo? Afrika? Syrien? Wer schmückte? Staat? Militär? Bevölkerung? Waren die Toten (wenn es sich darum handelte) von hier? Haben also Freunde das arrangiert? Mannomann – warum bleib ich so (sprach)dumm!
Was?
Mein Fahrrad bockte plötzlich. Quietschte. Ich sah nach. Die Befestigung des vorderen Schutzbleches hatte sich gelöst und schwingte (schwang?) frei. Mir fehlten Schrauben und Muttern, also schnürte ich das Gestänge mit einem groben Seil (das ich Gott sei Dank mit mir führte) zusammen. Es hielt fürs Erste.
Getackert
Abseits der Küste – Landwirtschaft. Der Boden sah fruchtbar aus (sag ich Bauer!).
Gefurcht
Irgendwann abgekämpft nach Sperlonga reingeradelt. Reizvoll und herbstleer. Luft war raus dem Ort.
Gebräunt
Hoch in die Altstadt gestiefelt und doch immer nach unten geblickt.
Geordnet
Extrem enge Gassen. Extrem schöner Ort.
Gegoldet
Aber die Schönheit der verstohlenen Plätzchen, Winkel, Ecken – sie ließen sich mit meinen fotografischen Mitteln nicht abbilden.
Nicht mal die kleinen offenen wunderschön verkitschten und doch innigen Kapellen.
Gerosat
Kurz vor Sonnenuntergang wieder runter zum Strand gestiefelt. Der Horizont blühte rot. Und obwohl ich extremer Sonnenuntergangs-Allergiker bin, konnte ich nicht anders – ich musste den Auslöser lösen.
Mühsam war der Beginn. Den direkten Weg zur Küste konnte ich nicht nehmen, der war nur Autos vorbehalten. Also musste ich mir kleine Provinzstraßen suchen. Die führten durch sehr welliges Hinterland. Ich war in der nicht sehr klassischen Toskana.
On the top
Maremma hieß die Gegend. Ich kannte sie von einem klingenden Weinnamen: Morellino di Scansano. Scansano war nicht wirklich weit weg. 30 bis 35 Kilometer. Aber was hätte ich dort getan? Weinkeller leertrinken? Am frühen Morgen?
Also kurvte ich weiter durch die italienische Agrarwelt. Mal türmten sich Burgdörfer auf.
Unser Dorf soll schöner werden
Mal duckten sich kleine unscheinbare Weingüter hinter Herbstreben weg.
Hoffentlich ein guter Jahrgang
Und dann kam eine meiner Lieblings-Viertelstunden: Vollen Schuss runter ins Tal. (Hätte ich lange Haare – sie wehten immer noch hinter mir.) Bis ans Meer.
On the rocks
On the sands
Aber kaum unten, kletterte ich schon wieder rauf. Ansedonia hieß das Küstenkaff. Und schlängelte sich steil den Berg hoch. Das Meer bekam ich praktisch nich mehr zu sehen. Alles Villen – Millionärsverstecke. Fotografieren lohnte sich nicht. Mauern oder Buschmauern waren ihnen sicherer Sichtschutz.
Exklusive Aussicht
Wieder unten im Tal führten autoleere Straßen durch ein herrliches Naturschutzgebiet.
Beschattet
Bald war auch Civitavecchia zu spüren. Ölig – der Geruch. Breit wurden die Straßen. Schmutzig die Einfahrt. Eine heruntergekommene Hafenstadt. Durchgangsstation, wie ich sie schon so oft durchfahren habe. Kaum ein Tourist bleibt hier länger als die paar Stunden, die er auf seine Fähre zu warten hat.
Und doch war die Stadt total liebenswert. Pralles Altstadtleben. Auf der Straßenterrasse der Weinbar, die ich mir ausgesucht hatte, waren alle Tische belegt. Also servierte mir der Wirt seine Empfehlungen auf eine freie Parkbank. Exzellenter Morellino. Exzellente Antipasti. Geld wollte er zum Schluss auch kaum. Nicht einmal den halben Preis akzeptierte er als Bezahlung. Es blieb sein Geheimnis, womit ich seine Großzügigkeit verdient hatte.
Ideale Kombi
Ich jedenfalls schrieb mir zum zweiten Mal auf der Reise in mein Notizbuch: Ich liebe Italien! Und kleinen italienischen Dramen durfte ich auch noch zuschauen. (Waren es überhaupt welche?)
Auch eine Kombi?
Unterkunft: Hotel Porto Di Roma. Altstadt. Klein aber sehr fein. Grandioser Portier. Überschlug sich fast mit seiner Hilfsbereitschaft. Fahrrad in Abstellkammer untergebracht. (60 Euro mit Frühstück.)
Langer Tag – kurz erzählt. Ellenlange Sandküsten. Feiner, leicht bräunlicher Sand. Obwohl schon morgens, um die 19 Grad: die allermeisten Strände fast menschenleer.
Hochsitz
Selten mal ein paar Dünen. Aber wenn: Dann waren sie einigermaßen geschützt. Man konnte sie nur über Holzbohlen queren – um zum Meer zu kommen.
In the pines
Wie überhaupt die Riviera alles andere als extrem zugebaut ist. Klar – lang gezogene Siedlungen gab’s zuhauf.
Hingeströmt
Aber immer wieder wird die Natur auch in Ruhe gelassen. Schöne Radwege – manchmal.
Through the pines
In den Ortschaften: Schilderwälder. Mit manchen Besonderheiten.
Schilda
Um die Mittagszeit wurde es hügelig. Die Sonne brannte. Ich scannte lange die Strecke, bis ich eine offene Spaghetteria fand.
Meine Rettung
Papa kochte. Einfach und gut.
Fürstlich
Dazu ein herrlich gekühltes Bier. (Ich wunderte mich, dass der bayerische Gerstensaft in der Mitte Italiens so verbreitet war.)
Königlich
Gegen den Wind schließlich in Grosseto, dem Zentrum der Maremma, eingetrudelt. Die Altstadt ist relativ klein. Dafür äußerst entspannt und sympathisch.
Outdoor people
Italienische Seniorenheime sind ganz offensichtlich überflüssig. Die Piazza reicht. Die Alten sitten sich gegenseitig. Und auch sonst: viel Betrieb.
Spielplatz
Eingerahmt
Standfest
Unterkunft: Hotel Nuova Grosseto. Gegenüber Bahnhof, 10 Minuten von der Altstadt entfernt. Modern, großes Zimmer. Sehr freundlicher Empfang. Fahrrad in Garage abgestellt. (65 Euro mit Frühstück.)
Satter Regen wechselte mit trostloser Diesigkeit. Nur einmal – kurz – malte die Sonne das Dörfchen Finale Ligure mit schmucken Riviera-Farben aus und fälschte das Mittelmeerblau in Korallengrün.
Deep blue sea
Deep blue sea 2
Kopflose Handyträgerinnen wischten genervt auf ihren Displays, bevor der Himmel wieder seine Wasserschleusen öffnete.
Forscher Gang
Ich kam ziemlich nass in Genua an. Dort konnte ich mit meinem Wetterapp die Atmosphäre ein wenig beruhigen. Die Stadt blieb trocken. Herrlicher Hafen, fantastische Altstadt.
Gerippt
Aufregendes Gewimmel in engen Gassen.
In der Nacht auf einer verträumten Piazza gut bürgerlich gespeist.
Gebildet
Umgeben von einem Hauch von Poesie.
Insider
Unterkunft: B&B Al Basilisco. Altstadt. Großes Zimmer. Fahrrad die vielen Treppen nach oben gestemmt und im Zimmer untergebracht. (50 Euro mit Frühstück.)