Meer Europa

Schlagwort Archiv: Asphalt

Tag 293 (22.06.2019) / Finnland: Pjelax -> Vaasa

Strecke: 88 km (05:15 – 12:45 Uhr)

Ich weiß nicht genau, was ich mir dabei dachte, in der Nacht einfach weiter zu radeln. Vielleicht weil es hell war? Es dämmerte für etwa 3 Stunden. Aber es war nicht wirklich dunkel. Ich hatte schon seit geraumer Zeit das Gefühl für Zeit verloren. Wenn es immer hell ist, wann ist dann morgens? Wann Mittag oder Abend? Ist die Nacht Nacht?

Ich schaffte es aber nicht weit. Meine Beine verweigerten – nach gut einer Stunde und nach ingesamt über 150 Kilometern Wegstrecke – die Mitarbeit und begannen einen Spontanstreik. Da ich keinen Schlafsack dabei hatte, baute ich mir aus meinen warmen Klamotten ein kleines provisorisches Nest in einem Bus-Wartehäuschen am Straßenrand. Döste zwei Stunden, bis gegen halb 4 die Sonne schon wieder herunterbrannte.

Mein Fahrrad-Hinterreifen hatte Luft verloren und ich entdeckte, dass das Ventil gebrochen war. Also Schlauch wechseln.

Kein Bock

Erneut alles aufsatteln und weiter Richtung Vaasa. Die Straße dorthin auto- und menschenleer. Ich torkelte (vor Müdigkeit) mehr über den Asphalt als dass ich fuhr, schaffte es bis Mittag zu meinem Ziel. Und hatte das Gefühl, es wär schon später Abend. Ich fand ein offenes Hotel.

Vaasa selbst völlig leer.

Triumphal

Kein einziges Restaurant, kein einziger Laden offen. Sogar die Tankstellen geschlossen.

Trist

Selbst am Hafen: nix!

Entleert, gelöscht - was auch immer

Ich kehrte zum Hotel zurück und legte mich schlafen.

Tag 276 (27.9.2018)/ Dänemark: Klitmøller -> Lønstrup

Strecke: 139 km (09:15 – 19:00 Uhr)

Hätte ich mich auf meine Wetter-App verlassen, wäre ich im Bett liegen geblieben und hätte mich endlich mal von den Strapazen der letzten Tage erholt. Sturm und Regen waren angesagt.

Aber schon bei Aufbruch in Klitmøller war es zumindest trocken. Wenngleich das kleine Dörfchen – in der Surfercommunity “Cold Hawai” genannt – reichlich verschlafen wirkte. Ich fand kein offenes Café. Fuhr mit knurrendem Magen los.

Leuchttürmchen

Am Morgen blieb es grau. Der Fahrradweg führte durch bezaubernde Dünenlandschaften. Die Farbe Grüngrau dominierte den Morgen.

Wallend

In einer Tanke fand ich schließlich meinen Morgenkaffe.

Je weiter ich mich nach Norden vorarbeitete, um so schöner die Streckenführung. An kleinen Seen vorbei, auf Pfaden, die durch riesige Schilffelder führten. Vorsichtig schimmerte Sonnenlicht aus den Wolken.

Wogend

Ich machte einen Abstecher zum Thorup-Strand und auf einmal lugte die Sonne zaghaft durch Wolkenritze. Nur der Wind peitschte, als wolle er die Fischerboote noch weiter aus dem Meer treiben.

Gestrandet

Endlich mal wieder Farbe vor Linse.

Im Kiesbett
Einheitsfarbe
Beflaggt

Weiter ging’s.
Wieder durch Dünen und Dünenwiesen. Der Weg teilweise mit Golfrasen begrünt. Strange.

Von der Schnur gezogen

Heute fast keinen Asphalt befahren – fast ausschließlich herrliche Wander- und Fahrradwege durch einsame Küstenwälder. Flach war es selten. Eher was für Crossbiker.

Erneut steuerte ich einen Strand an und wurde fast weggeweht – so heftig der Sturm.

Die Sonne zeigte sich jetzt kraftvoll und malte die auf Sand gesetzten Schiffe bunt aus.

Schiffschwarm

Die Szenerie hatte einen Hauch von “mediterran”.

Einzeller

Nur nicht die Dörfer – sie wirkten leer, verlassen, aus der Saison gefallen.

Sanddorf

Ich picknickte kurz (1 Banane, 2 Scheiben Brot mit Käse, 1 Flasche Schweppes).

Farbenfroh
Abgelegt
Bedünt

Und fuhr wieder durchs Hinterland. Jedesmal, wenn der Weg durch einen Wald führte, freute ich mich. Dort windete es nicht so stark.

Durchgehend

Königliches Jagdgebiet. Was bedeutete das Schild? Schieß den König? oder Schießen für den König reserviert?

Angeln verboten

Es war schon Abend, als die Sonne sich endgültig verabschiedete, der Sturm beinahe orkanartig wurde und ich die Klippen von Norre-Lyngby erreichte. Das Dörfchen auf der Klippenkante verliert mit den Jahren immer mehr Häuser. Sie stürzen einfach ab.

Ausgeklippt

Vom Meer geholt. Hier bekam ich eine Ahnung, mit welcher Kraft die Nordsee die Küste bearbeitet.

Gischtende See
Gischtende See 2

Kurz vor der Dunkelheit in Lønstrup reingeradelt. Zufrieden und kaputt.

Unterkunft: Hotel Kirkedal. Zweckmäßig eingerichtet. Empfangen wurde ich – wie so häufig – mit einem Zettel an der Tür: Rezeption geschlossen. Schlüssel befindet sich dort. Bei Fragen bitte folgende Nummer anrufen. (80 Euro mit Frühstück.)

Tag 252 (04.04.2018) / Bulgarien: Nessebar -> Varna

Strecke: 139 km (09:45 – 21:30 Uhr)

Wieder mal verfahren. App war Schuld! Oder ich? Hatte ich mich nicht genügend vorbereitet?

Wo ist das Ziel?

Nervig. Eigentlich wollte ich der Küstenlinie folgen, aber dort sagten mehrere Straßenschilder: Nur für Autos!
No bike allowed!

Ich hielt mich an die bulgarischen Gesetze, suchte legale Wege und landete in wilder Pampa.

Alle Weg führen zum Ziel!

Wenn es Dörfer gab, dann waren es Roma-Ortschaften. Ich zückte erst gar nicht meinen Fotoapparat. Zum einen, weil ich nicht unnötigerweise dadurch “Reichtum” zeigen wollte. Zum anderen: Die Siedlungen waren trist, vermüllt, teilweise verwahrlost.
Ich wollte mir kein vorschnelles Urteil erlauben. Ob es sich hier um das Ergebnis – wie in vielen Fällen in Südosteuropa – von Diskriminierung einer ethnischen Minderheit handelt oder um ein Unvermögen, sich mit eigener Kraft aus der Armut zu befreien? Es war herzzerreißend.

Nach zwei Stunden auf fast unpassierbaren Wegen wieder Asphalt unterm Reifen. Bulgarien machte es mir nicht leicht.
Auf dem Land konnte ich mit niemandem reden (keiner konnte ein bisschen Deutsch, ein wenig Englisch … nothing).

Und dann ging es wieder bergauf.
Es folgte eine Kopie des vorgestrigen Tages: Auf einer Strecke von über 100 Kilometern keine Unterkunft. Bis zur Küstenstadt Varna. Ich musste also durchhalten und fahren, fahren.

Wie sieht das erst aus, wenn es grün grün ist?

Ich tat es.

Oben, auf dem Pass angekommen, sah es nach einer leichten Abfahrt aus.

Sah verführerisch nach leichtem Weg aus - welch ein Irrtum

Die wenigen Dörfer die ich nach dem Pass durchquerte, waren auf einmal proper, klein, idyllisch schön. Mal ein Pferd im Weg. Aber nie Hunde! (Komisch, das fiel mir jetzt erst auf: Es gab so gut wie keine Hundeattacken mehr.)

Don't block the road!

Es wurde – hätte ich es anders erwarten können – ein mühsames Auf und Ab.

Begleit-Gebirge

Irgendein Gebirge mäanderte hier zum Meer und ich musste ihm folgen. In die Nacht, in die Dunkelheit, in die Finsternis.

Kam erschöpft um 21:30 Uhr in Varna an.

Unterkunft: Hotel Efbet. Fußgängerzone. Hatte bei der Buchung übersehen, dass es auch ein Casino ist/hat. War erst ein bisschen irritiert (merkwürdiges Publikum). Dann aber sehr angetan von der professionellen Atmosphäre in der Rezeption. Zimmer sehr geräumig und modern. Fahrrad in “Kleiderkammer” abgestellt. 39 Euro (ohne Frühstück).

Tag 239 (22.03.2018) / Griechenland: Neos Marmaras -> Sarti

Strecke: 56 km (09:00 – 17:15 Uhr)

Kaum war ich aufgebrochen, bremste mich eine “Raupen-Kette” ab. Diese Prozessionsraupen sollen beim Anfassen heftige Allergieschübe auslösen. Also unternahm ich keinen Rettungsversuch, um die Tierchen vor dem Überfahrenwerden zu retten.
Warum sie sich aufreihen, sich aneinander ketten und damit verletzbarer machen, verstehe ich allerdings nicht.

Raupen-S-Bahn

Die Straße führte mich steil nach oben, dann verließ ich den Asphalt und stürzte mich wieder nach unten …

Wellenreiten (trocken)

… Strandtag!

Schon nach einer halben Stunde kam ich aus dem Staunen nicht mehr heraus.

Robinson Crusoe Strand

Ich bewegte mich in einer Wunderwelt.

Robinson Crusoe hat eine große Auswahl

Eine Bucht reihte sich an die andere. Nirgends auch nur ein Mensch, ein domestiziertes Tier, eine Bewegung zu sehen.
„Paradies“ schoss es in mich: „Paradies“.

Trotz milchiger Sicht packte ich meinen Fotoapparat erst gar nicht mehr ein. Wie muss das erst bei klarem Sonnenschein und feinem Schattenwurf – früh am Morgen oder spät am Abend – wirken! Ist das Paradies immer fern?
No! no! no!

Dschungelstrand

Ich folgte einer Schotterpiste, die mich durch einsamste Landschaften lotste.

Küstenschotterpiste

Ich kam kaum zum Atmen, nicht wenn ich nach unten blickte, nach vorn, um mich herum.

Standfest
Auch standfest

Völlig unverständlich, dass hier Besucher erst ab Juni kommen – und dann auch noch alle auf einmal.

Grandiose Westküste der Halbinsel Sithonia.

Einfach schön

Es hörte überhaupt nicht auf.

Einfach wunderschön

Dem Strand vorgelagerte Lagunen.

Frühlingsbote

Der Ginster lies die ersten Blüten ausbrechen und lockte Kleinvieh an.

Frühlingsbote 2

Die Sicht immer diesiger, trotzdem …

Feinsandig

… ich frohlockte laut – und kam kaum voran. Hielt mehr, als ich fuhr. Urplötzlich schlug aber das Wetter um. Schon in diesem staunenswerten Naturhafen kam eisiger Wind auf, heftige Böen peitschten auf mich ein. Ein Sturm baute sich auf.

Es klärt sich was

Ich war inzwischen wieder auf der (kaum befahrenen) Autostraße und kämpfte mich an der Südspitze Sithonias einen Pass hoch. Fror auf einmal. Musste mehrmals absteigen, um nicht vom Rad geweht zu werden.

Unten warfen sich die Wellen mit Macht an die Küste, so als wollten sie die übermächtigen Berge angreifen und langsam schwächen.

Küsten-Tosen
Als würde gerade die Welt erschaffen

Nach steiler halbstündiger Abfahrt, vorbei an riesigen Schafsweiden und Ziegenställen, stellte ich im Ferienort Kalamitsi mein Fahrrad kurz ab, suchte nach einem offenen Café oder einer Taverne. Fehlanzeige, Nichts, rein gar nichts hatte in diesem so schön gelegenen Kaff offen, nicht einmal ein winziger Supermarkt.

Ich hatte unterwegs schon mit meiner HotelApp versucht, eine Unterkunft vorzuorganisieren. Fehlanzeige. 100 Kilometer Küstenstrecke ohne eine einzige offene Pension. Absolute Nebensaison. Inexistentes Gebiet!

Angelehnt

Ich brauchte noch einmal fast zwei Stunden, um den Wind zu besiegen und um zu meinem eigentlichen Ziel zu kommen: das Küstenstädtchen Sarti. Ich vertraute darauf, mir dort ein Privatzimmer organisieren zu können.

Wellenangriff

Ich wurde nicht enttäuscht.
Es wurde ein interessanter Abend.

Auch Sarti war zunächst einmal wie ausgestorben, so gut wie nichts war offen.

Erstes Glück: Ich sah Bewegung in einem Café. Ich ging entschlossen auf die Tür zu und schon kam mir eine ältere Frau entgegen und fragte im besten Deutsch, ob ich ein Zimmer suche.
Sie war vor einer Stunde zusammen mit ihrem Sohn aus Thessaloniki gekommen, um ab jetzt bis November ihre kleine Pension in Sarti zu betreiben. Ich war der erste Saisongast.
Sie fegte schnell noch den Raum aus, organisierte Bettwäsche und voilà: Ich war untergekommen.
Die Pensionsbesitzerin hatte 15 Jahre eine Kneipe in Solingen betrieben und hatte sich dann entschlossen, in der alten Heimat wieder etwas aufzubauen. Nach einer halben Stunde kannte ich ihre komplette Familiengeschichte.

Zweites Glück: Ich fand am Abend eine offene Taverne. Die einzige, wie mir der Wirt versicherte.
Er rief seine Mutter von irgendwoher, dass sie mir ein Abendessen zubereite (aus Tiefkühlfrost).

Ich war auch lange alleiniger Gast, bis sich auf einmal ein großgewachsener Freund des Wirtes dazu gesellte.

Er kam rein mit Wollmütze und in Fischer-Tracht: Langer grüner Parker und weite grüne Hose aus Ölhaut. Eine imposante, stolze Figur mit einem grauweißen Moustaki-Wuschelbart, wie ihn viele orthodoxe Priester tragen.
Er erzählte von der Fischerei, die er vor einigen Jahren aufgegeben habe. Davon, dass die Ägäis überfischt sei, kaum ein Fischer mehr nachhaltig arbeite und er selbst keinen Spaß mehr an seinem Beruf habe. Jetzt sei er 60 Jahre und es sei genug.

In schlechtem Englisch verständigten wir uns.

Ich reizte ihn ein wenig von „früher“ zu erzählen und er schwärmte davon, wie er “früher” Touristinnen für jeweils eine Saison kennengelernt habe: Däninnen, Deutsche, Französinnen. Ich nannte ihn einen Beachboy und er musste lachen.

Zu später Stunde verriet ich ihm den eigentlichen Grund, warum ich auf meiner Reise unbedingt in Sarti Zwischenstation machen wollte: Nostalgie.

Ich war vor genau 42 Jahren schon einmal an diesem Ort gewesen. Hatte 1 Woche lang an einem Strand nahe des Dorfes (in einem Bundeswehrschlafsack) geschlafen.
Von hier aus wollte ich mit einem Boot dann in die Mönchsrepublik Athos übersetzen. Die Einreise-Papiere hatte ich schon zusammen. Ich bekam aber plötzlich hohes Fieber, konnte den festgesetzten Termin nicht einhalten und hatte es so nicht mehr auf diese nur von Männern bevölkerte und bewirtschaftete Halbinsel geschafft.
Was – so scherzte ich – vielleicht ein Glück war. Jemand hätte mir nämlich damals erzählt, dass einige Mönche gar nicht so “keusch” leben würden, sondern ziemlich heftig hinter jungen Männern (Touristen) her gewesen seien. (Ich drückte es etwas drastischer aus.)
Ab diesem Moment gefror das Gespräch.
Der Seemann wurde mürrisch, war sichtlich angeknockt.

Ich sah meinen Fehler und versuchte das Gespräch wieder auf andere Themen zu lenken.
Der Seemann schimpfte auf Griechisch, dann redete er auf mich ein, dass Athos eine großartige Republik sei – mit großartigen und gebildeten Mönchen. Dass ich gut täte, doch noch einmal dorthin zu gehen, um zu sehen, welche spirituelle Erfahrungen dort aus dem mönchischen Leben erwüchsen.

Ich ahnte, dass er oft dort verweilte, vielleicht regelmässig seine österlichen Exerzitien absolvierte, vielleicht mit Gedanken spielte, ganz dort zu leben.

Nach und nach vertieften wir uns dann aber auch wieder in andere Sujets, unterhielten uns über Mikis Theodorakis (überragend) und Georges Moustaki (schräger Romantiker), Demis Roussos (schrille Stimme), über die alten Zeiten.
Der Wirt beteiligte sich jetzt ebenfalls und servierte seinen Spezialschnaps (doppelt destillierten Ouzo).
Als ich mich verabschiedete, lagen wir uns alle Drei in den Armen und versprachen, uns wieder zu sehen.

Unterkunft: Pension Petris. Schön strandnah. Meerblick. Neu eingerichtet. 30 Euro (ohne Frühstück)

Tag 109 (30.03.2016) / Italien: Mestre -> Porto Tolle

Strecke: 98 km. (08:30 – 16:00)

Die Kanäle laufen schnurstracks. Manche über 50, 60 Kilometer. Keine Biegung, keine Kurve. Direkt in den Horizont.

Die meiste Zeit fuhr ich auf der lärmigen Landstraße, manchmal auf dem Damm selbst. Die vielen versteckten Erdlöcher bremsten mich jedoch gewaltig.

Dammlich geht’s zum Horizont

So wählte ich also wieder Asphalt.

Gut ausgebaut das Straßennetz. Die Züge fahren überpünktlich (das konnte ich in Venedig feststellen). Busse gibt es zuhauf und verbinden noch die kleinsten Ortschaften untereinander.
Das Einzige, was bisher nicht in Italien funktioniert: Die Straßenpfosten halten nichts aus.
Einer brach unter der Last meines abgestellten Fahrrads regelrecht ab.

Ausgebremst

Anyway. Ich schoß mein Selfie.

Spieglein Spieglein an der Straß’ ...

Nach zwei Stunden die Provinz Venezia verlassen und die Po-Ebene erreicht. Brettflach. Kanäle, Flussarme, Felder, Moore. Ab und zu ein Gehöft oder eine Winzsiedlung.

Einöd mit Zweibaum

Jetzt bin ich schon 3 Tage unterwegs und habe immer noch nicht dass offene Meer zu sehen bekommen.
Lagunen, Flüsse, Bäche, Binnenseen. Viel Wasser.

Ausgebootet

Immer wieder Fliegenschwärme, die über mich herfielen. Oder waren es Mücken? Winzkäfer? Stachen jedenfalls nicht.
Die Landschaft eintönig, mit nur wenig Farbkraft. Nur ab und zu lauschige Winkel.

Kreuchtierparadies

Eigentlich wirkte vieles verlassen oder zumindest eher ärmlich. Doch dann immer wieder kleine Feudalgrundstücke mit ansehnlichen Bauernhäusern.

Sogar das Wasser schimmert klar

Die Fischerbehausungen dagegen eher ärmlich. Die Bootsschuppen aus Wellblech. Improvisierte Kleinsthäfen.

Sogar das Wasser dümpelt faulig
Armut ist pittoresker als Reichtum

Ein altes Fischerpaar näherte sich.

Immer zu zweit!
Eine Hand hilft der anderen

Der Fang: Krebse satt und dazwischen/darunter/darüber: ein Aal.

Hölleneimer
Sic!

Kaum war der Fang entladen, stiefelte das Fischerpaar über die Straße die nächste Böschung runter, bestieg ein Kleinstboot und kontrollierte geduldig die ausgelegten Reusen im nächsten Gewässer.

Warum finden Krebse und Aale nicht mehr aus der Reuse raus?

Lange dachte ich, während ich weiterfuhr, ich würde mich einem Leuchtturm nähern. Doch als ich davor stand, entpuppte sich der Turm als ein Taubenhaus(?).

Taubenschornstein

Merkwürdige Dinge gab es in der Po-Ebene. Auch museumsreife Traktoren, deren Motoren liefen, ohne dass sich ein Fahrer in der Nähe befand. Irgendetwas wurde gepumpt. Es erschloss sich mir aber nicht, was!

Pumpstation

Einige Kilometer vor meinem Tagesziel kam mir ein Fahrradwanderer entgegen, der sich offensichtlich verirrt hatte. Ein 76jähriger Schweizer, der in der Poebene Vögel spotten wollte und in genau das gleiche Dorf zu radeln gedachte wie ich auch. Nur: Er fuhr in die entgegengesetzte Richtung. Es kostete mich einige Minuten, ihm klar zu machen, dass er sich irrte. Er sagte, er habe schon 60 Kilometer auf dem Buckel. Ich lotste ihn (mein HandyNavi überzeugte ihn!) auf den richtigen Weg.

Good country for old man

Wir fuhren Seit an Seit weiter. Baten unterwegs eine Dame am Wegrand, ein Foto von uns beiden Italienbummlern zu schießen. Es gelang ihr nur mit Mühe, uns unsere Beine nicht vollständig abzuschneiden. Auch nachschärfen (am Abend) konnte das Foto nicht wirklich retten.

Peter & Stefan

Unterwegs erzählte mir “Peter”, so hatte er sich mir vorgestellt, dass er vor kurzem von seinen Ärzten MS diagnostiziert bekommen habe. Jetzt wolle er noch so lange Fahrrad fahrend die Welt erleben wie er noch strampeln/gehen könne. Er hatte kein Hotel vorbestellt, nichts. Mit 76!
Ich führte ihn zu meiner Unterkunft, die ich schon am Morgen per Internet gebucht hatte. Und dachte: Wow!

This is the end

In Porto Tolle, dem Zentrum der Po-Ebene, nahmen wir noch zusammen das Abendbrot ein. Peter erzählte von einem langen Leben. Good man!

Unterkunft in Porto Tolle: “Hotel Italia”. An der Hauptstraße gelegen. Modern. Zweckmäßig. Sehr netter Empfang. (45 Euro mit Frühstück.) Fahrrad in Garage abgestellt.

Tag 58 (13.04.2015) / Griechenland: Preveza > Astakos

Strecke: 87 km. (09:15 – 17:45)

Eine Tour, die wieder mal richtig in die Knochen ging. Gerade am Schluss lange steile Anstiege. Auch der Anfang hatte es in sich. Preveza wird mit dem gegenüberliegenden Meeresufer nicht mittels einer Fähre verbunden, sondern seit über 10 Jahren mit einem Unterwassertunnel. Für Fußgänger und Fahrradfahrer strikt verboten. Kein Vorbeikommen an der Mautstelle.

Selfie im Fahrradtransport

Ich hätte also zurückgemusst und einen Umweg über Land von ca. 100 km in Kauf nehmen müssen.
Stattdessen trampte ich, hielt einen freundlichen Pickup-Fahrer an und hievte das Fahrrad samt Gepäck auf die Ladefläche. Und ließ mich durch den eineinhalb Kilometer-Tunnel unter dem Meer kutschieren.

Danach die Strecke bis Vonitsa flach. Der kleine Hafenort liegt zu Fuß einer großen Burg.

Meerburg

Sehr beschaulich das Leben.

Das lange Warten

Noch 10 Kilometer durchs Landesinnere und wieder der Küste entlang, die immer schöner und schroffer wurde. Dort, wo es nicht ganz so steil war: Olivenanbau und unzählige Schaf- und Ziegenherden.

Wachsen Berge aus dem Meer?

Vor der Küste ein halbes Dutzend großer und kleiner Eiländer.

Werden Inseln ins Meer geworfen?

Dieser Teil Nordgriechenlands (oder ist das schon Mitte?) scheint ziemlich strukturschwach zu sein. Die Touristenströme laufen hier vorbei. Die Orte nur von weitem attraktiv. So wie Mitikas.

Optische Täuschung

In der Nahsicht vieles ziemlich vernachlässigt und heruntergekommen.

In den engen Gassen immer wieder Schwarze Witwen gesehen. Ich hätte sie eher in Albanien vermutet, dort hatten sie sich aber rar gemacht.

Der Frühling hatte endgültig Einzug gehalten. Die Wiesen blühten. Die Schafe fraßen sattes Grün und Hellgelb.

Idylle mit Schaf

Es begannen die längeren Steigungen.

Ins Meer gefingert

Bedrohlich hoch die Bergketten vor mir.

Musste ich da rüber?

Die Straße wenig befahren. Sogar eine Rotte Wildschweine benutzte den asphaltierten Weg.

Wildschweinweg?

Kurz vor dem Ziel (nach einem erschöpfenden und ellenlangen Aufstieg) wieder eine Weltenbummlerin getroffen. Sie war im September letzten Jahres von England über die Türkei bis nach Palästina geradelt. Hatte dort drei Monate einen Freiwilligen Dienst erledigt und war nur auf dem Rückweg. Ich wünschte ihr Glück.

Und war froh, endlich im Hafenort Astakos angekommen zu sein.
Die meerzugewandte Seite attraktiv

Hafen mit Goldrand

Dahinter aber wieder ein eher vergessenes Städtchen mit teilweise schmuddeligen Gassen und Häusern.
Ab Astakos legt eine Fähre ab und zu zu den vorgelagerten Inseln ab. Dann füllt sich die herausgeputzte Promenade mit Touristen, um wenige Stunden später wieder in Tiefschlaf zu verfallen.

Unterkunft in Astakos: Hotel Stratos. (Älterer Bau, ein wenig heruntergekommen. Aber Zimmer gehen zum Meer, haben alle Bequemlichkeiten und vor allem einen großen Balkon.) Pförtner weitgehend unsichtbar. 30 Euro ohne Frühstück. Fahrrad in Nebenraum untergebracht.