Meer Europa

Schlagwort Archiv: Berge

Tag 320 (19.07.2019) / Norwegen: Namsos -> Steinkjer

Strecke: 74 km.  (10:45 – 17:00 Uhr)

Wie ich mich fühle? So:

Vorletzter Tag. Ich hatte beschlossen, morgen in Trondheim die Tour zu beenden. Ich war kaputt. Ich kämpfte gegen eine ganze Rebellenarmee in mir:

  • Die rechte Wade verweigerte immer dreister den Dienst
  • Eine Hirnhälfte verhielt sich zunehmend subversiv und flüsterte mir ein, Unsinn zu machen, statt faul mit Freunden in der Sonne zu liegen, zu plaudern, zu lesen und dazu einen gut gekühlten Riesling zu trinken
  • Sogar mein einst treuer Gefährte Fahrrad bockte wieder und wollte nicht mehr durch Staub, Schlamm oder Kiesel

Ich hatte alle Mühe, den Aufstand niederzuschlagen, setzte grobe Mittel ein, kam aber dennoch zusehends in öffentlichen Rechtfertigungszwang.

Schon seit Tagen nahm ich kaum mehr noch Menschen, Landschaften, Situationen, Fotomotive wahr. Ich war nur noch mit mir selbst beschäftigt. Das Weiterkommen ein einziger Kampf mit mir (nicht mit den Bergen, der Straße oder dem Gegenwind).

Ich wünschte manchmal, ich könnte mir ein Hexentaxi nehmen und mich auf einem Besen zum Etappenziel kutschieren lassen.

Oder dass ich mich in einen Baumriesen verwandelte: fest verwurzelt, nie unstet, nie wandernd. Einfach da. Nie weg. Die Sonne kreist um jeden einzelnen Baum, nicht nur um die Erde. So muss man denken! Ich – Baum – Zentrum!

Aber es nutzte nichts. Noch war ich nicht vegan wiedergeboren. Ich musste in diesem Leben weiterkommen. Aber nur noch bis morgen. Ich kam früh in Steinkjer an. Sammelte Kräfte für den letzten Hexenritt nach Trondheim. 135 Kilometer. Morgen.

Tag 318 (17.07.2019) / Norwegen: Vevelstad -> Bogen

Strecke: 102 km mit dem Fahrrad. 

Dazu 2 Fähren. (09:30- 18:45 Uhr)

Manchmal wurde es richtig flach. Die Berge zogen sich ins Hinterland zurück. Weiße Schneehauben waren seit ein paar Tagen (seit wann eigentlich genau?) verschwunden.

Sommerfarben

Jetzt dominierten die Bauernhäuser. Fischerkaten wurden seltener.

Aber der Sommer gleicht hier eher dem mitteleuropäischen Frühling

Nicht mehr jedes Haus war rotbraun oder gelb. Manche im aristokratischen Weiß.

Unbefleckt

Mit schöner Schreinerkunst.

Keusch

Aber die Berge kamen zurück. Forderten mich wieder heraus.

Runter macht es mehr Spaß

Ich machte häufiger Rast.

Warmer Rastplatz. Die Sonne wärmte mich und den Stein

Der Wald wuchs in das Meer hinein. Von oben wirkten die Fjorde jetzt wie aufgeraute Waldseen.

Ich warte immer noch auf den ersten Indianer

Nach etwa 100 Kilometern hatte ich Glück. Ich spechtete in einem Dreiseelendorf ein “Feriehus”, das sogar noch ein Zimmer frei hatte. Das teuerste natürlich. Ein riesiges Apartment mit Einbauküche. Ich hatte vorgesorgt. Ich hatte genügend Wein, Brot, Käse und Dosentunfisch (in Öl und peperoni-scharf) dabei. Ich wurde satt. Und durstig blieb ich auch nicht.

Tag 313 (12.07.2019) / Norwegen: Tysfjord -> Kobbelv

Strecke: 111 km  (09:45- 21:15 Uhr)

Rauf! Runter! Es war schon erstaunlich, wie viele Höhenmeter ich täglich auf dieser Tour abspulte. Allein auf dieser Tagesstrecke geschätzt 2.000 bis 2.500 Meter. Alpenpass!

Großes Kino! Mit Panoramaprojektion

Ständig sah ich Landschaften aus der Adlerperspektive. Panoramen, die ich vorher nie Norwegen zugeschrieben hätte. Eher dem Norden oder Westen der USA oder auch Kanada. So amerikanisch weit. So wild-west.

Kodachrome-Farben

An jeder Tanke (die es nur selten gab) kaufte ich Trinkbares nach. So schnell konnte ich die Flüssigkeit gar nicht in mich hineinschütten, wie ich sie schon wieder herausgeschwitzt hatte.

Ich fluchte ständig, bis ich oben war und jaulte glücklich, wenn es wieder im Schuss nach unten ging. Mit meinem schweren Gepäck bekam ich einen ganz schönen Abwärtsschub. Heavy Rider.

Der Abend blaute sich ein

Nur einmal jammerte ich. Als spätabends ein Schild mir verbot, weiter der Hauptstraße zu folgen. 4 lange Tunnel waren fürs Fahrrad gesperrt.

Ich musste sie umfahren. Und das am späten Abend.

Nix da: Die Sonne kam wieder

Irrsinnig steil ging es hoch.

Ich bin kein Kletterer. Ich trainierte jetzt (schiebend) mehr meine Oberarm-Muskulatur als meine Oberschenkel. Nun bekomm ich auf dieser Tour auch noch Muckis.

Und wieder dieser Blick auf eine Landschaft, in der ich zwei Dinge nicht richtig zusammenbrachte: bäuerliches Idyll und wildes Meer.

Späte Helligkeit

Mit viel Dusel ein Hotel gefunden. Ich hatte mich schon darauf eingestellt, die Nacht durchzufahren. Mein Unterkunfts-Portal hatte mir angezeigt, dass es 1) kaum bis gar keine Betten auf meiner Strecke gibt und 2) alle schon ausgebucht waren. Müde und vom Schieben/Klettern ausgelaugt, war ich gegen Viertel Neun in das seit vielen Stunden erste Gasthaus auf dem Weg gegangen, um mir ein Bier zu genehmigen und hatte nachgefragt, ob es vielleicht doch noch ein freies Zimmer gäbe. Und siehe: ja! Glück! Riesenglück! Mann!

Tag 312 (11.07.2019) / Norwegen: Gratangen -> Tysfjord

Strecke: 126 km  (09:30 – 21:45 Uhr)

Kurzer Aufwachblick aus dem Fenster: Der Fjord war noch da.

Schönes Aufwachen

Nach dem Frühstück ging ich zur Küche. Ich wollte mich vom Koch verabschieden, mit dem ich mich gestern bis spät in die Nacht verquasselt hatte, und mich für seine Gastfreundschaft bedanken. Er kam mir zuvor, drückte mir lange die Hand und sagte, ich hätte ihm gestern viel positive Energie gegeben. Es sei an ihm zu danken.

Ich war perplex und fuhr demütig in den neuen Tag hinein.

Er begann mit Zauberbildern.

Verweile!

Ich jagte die noch fast autofreie Straße runter zum Fjord.

Zieh weiter!

Querte danach Täler, Brücken …

Hüpf rüber!

… übte den Vogelblick,

Bleib doch!

… erreichte gegen Mittag die (unansehnliche) Stadt Narvik. Orientierte mich.

Stärkte mich mit einem Beef-Wrap und einem kühlen Blonden.

Und hoppte bald per Brückenhub auf die nächste Halb-Insel.

Auch hier zeigte mir die Vogelperspektive, welch irrsinnig schöne, zerklüftete Welten die Eiszeitgletscher auf ihrem Rückzug nach Norden hinterlassen hatten. Wahre Erdkünstler.

Wie oft hab' ich schon 'Traumland' geschrieben?

Plötzlich tauchten am Wegrand drei junge Wanderinnen auf.

Darauf muss man erstmal kommen

Ich hatte auf meiner Skandinavien-Umrundung schon ziemlich viel gesehen:

  • Einen Italiener mit roten Rastalocken, der mit dem Rennrad von Rom ans Nordkapp unterwegs war. (Er behauptete, jeden Tag 200 Kilometer zu fahren. Er hatte fast kein Gepäck dabei und schlief meist im Wald. Mir war rätselhaft, von was er sich ernährte, woher er das Trinkwasser besorgte.)
  • Ein Paar, das auf Tretrollern über die Straßen huschte, das schwere Gepäck auf den Rücken geschnallt.
  • Eine Ehepaar, das mit überdachten Fahrrad-Anhängern ihre beiden laut jammernden Bälge durch die Landschaft nach Norden zog.

Aber drei junge Frauen mit Lastenhund?

Wir grüßten uns fröhlich. Hallo, woher kommst Du, wohin geht Ihr? Der aufrichtig freundliche und froh stimmende Wanderer-Small Talk. Und tschüss. Ich wünsch Dir viel Glück. Passt auf Euch auf.

Ich musste wenig später Berge überwinden, um an mein Ziel zu kommen.

Ist das norwegisches Biedermeier?

Kurz vor 9 erreichte ich schließlich den Fährhafen Skarberget. Dort endete die Hauptstraße (E6) Richtung Süden. Autos mussten über das Meer geschafft werden (so spät waren nur noch wenige unterwegs). Fußgänger und Fahrradfahrer (ich war der einzige) durften umsonst die halbstündige Überfahrt genießen.

Am Horizont glitzerte, wie eine mattkühl angestrahlte Wand, die Traumlandschaft der Lofoten. Auf dieser Reise würde ich sie nicht näher sehen.

Kurz vor 22 Uhr kam ich an dem mittags bereits vorgebuchten Hotel an. Das Restaurant war schon lange geschlossen, die Bar aber noch offen.

Tag 311 (10.07.2019) / Norwegen: Finnsnes -> Gratangen

Strecke: 113 km  (09:00 – 20:00 Uhr)

Fast den ganzen Tag über hatte ich das Gefühl, die Alpen zu queren und nicht an der Fjord-Küste des Nordmeeres entlang zu fahren.

Stell Dir vor, es wär' die Schweiz

Auch wenn ich mich jetzt schon einige Hundert Kilometer südlich des Nordkaps befand, trugen die Berge immer noch weiße Kappen. Der Schnee schmolz in der Juli-Sonne aber spektakulär ab. Wasser schoss an fast allen Berghängen mit ohrenbetäubendem Rauschen in die Tiefe.

Aber das Licht ist anders
Intensiver, transparenter, durchsichtiger

Die vielen Aufstiege hatten mich müde gemacht und (Radfahrergesetz!) der schweißtreibendste kam zum Schluss. Von 0 auf 450 Meter. Es war bereits 18 Uhr und es lagen noch gut 20 Kilometer vor mir.

Schmelzwasser in Schmelzlicht

Die einzige Unterkunft, die ich über mein Reiseportal auf der Strecke gefunden hatte, war kurz nach dem Passgipfel. Schloss aber schon um 19 Uhr. Das war unmöglich zu schaffen.

Ich rief an und man versicherte mir, bis 20 Uhr auf mich zu warten. 

Schlag 20 Uhr stand ich ausgepowert vor dem Hotel und staunte über den überwältigenden Blick runter auf den silbrig-schlummernden Gratangen-Fjord.

Norwegisches Licht ist anders, definitiv

Ein freundlicher Herr empfing mich. Offensichtlich der Koch, der auch gleich die Rezeption des ziemlich leeren Hotels mit versorgte. Ich fragte ihn, ob denn das Restaurant noch geöffnet habe. Er zeigte mir das Schild über dem Speisesaal:  “Ab 20 Uhr geschlossen“. Er lachte und sagte, dass er mir gerne noch ein kleines Menü zubereiten werde, speziell nur für mich.

Das war – wie sich später (nach dem Schnellduschen) herausstellte – ein wenig geflunkert. Denn nach mir kam noch ein (taubstummes) Paar, das ebenfalls das Spezialmenü serviert bekam. 

Vorspeise: Pulled Rentier auf Brot. Hauptspeise: Gebratener heimischer Lachs. Nachspeise: Mascarpone-Creme. Köstlich.

Zwischen den Gängen hatte der Koch Zeit, ein wenig zu plaudern. Erzählte, dass das Hotel eigentlich ein Winterhotel sei und jetzt probeweise zum ersten Mal im Sommer geöffnet habe.

Der Koch stammte aus Indien und war vor 3 Jahren nach Norwegen gekommen. Ich fragte ihn, ob er sich hier oben nicht langweile? Es sei doch ziemlich einsam hier?

Er verneinte, sagte, dass er sowieso die Städte meiden würde – zu gefährlich! Ich hakte nach – wieso gefährlich? Doch nicht in Norwegen?

Der Koch deutete mit dem Zeigefinger der rechten Hand auf seinen linken Oberarm: Schau, ich hab’ braune Haut. Deswegen ist es gefährlich. Ich wollte wissen, ob er denn Rassismus spüre, das könne ich mir hier in Norwegen nicht recht vorstellen. Wieder verneinte er – nein, darum gehe es nicht. Und er erzählte eine für mich merkwürdig klingende Geschichte. Einmal hatte er in Schweden (nicht weit weg!) auf winterglatter Straße einen kleinen, nicht schweren Unfall. Konnte aber nicht weiterfahren. Die einzige Unterkunft weit und breit war mit einer Gruppe von Asylbewerbern belegt, die ihn die Nacht über beherbergten. Irgendwann bemerkte er, dass die Männer sich gemeinsam begeistert Dschihad-Filme anschauten. Ein Pakistani sprach ihn an, ob er sich denn nicht auch für den Dschihad interessiere? Er bekam Angst und machte sich am nächsten Tag schnell davon. Er meinte, dass er offensichtlich aufgrund seiner Hautfarbe als „Gleichgesinnter“ vereinnahmt worden war und untermauerte seine These mit einer zweiten Geschichte: Auf der Rückreise von einem Heimaturlaub in Indien war er auf dem Osloer Flughafen gelandet. Bei der Einreise nahm ihn ein Offizieller (der offensichtlich arabischstämmig war) zur Seite und machte Andeutungen, ob er, der Koch, sich nicht für den Dschihad begeistere? Er könnte ihm helfen, eine gute Arbeit zu bekommen. Der Koch meinte, er wisse nicht, ob er getestet worden sei oder vielleicht doch angeworben werden sollte. Jedenfalls, je weiter weg von solchen Leuten, um so besser. Er fühle sich in den Bergen sehr wohl.

Auf mich wirkte er ein wenig traumatisiert. 

Wir quasselten noch weiter, auch als das taubstumme Paar schon längst in sein Zimmer gegangen war und ich der einzige Gast in dem großen Restaurantsaal war.

Ich fragte den Koch, welches Ziel er denn jetzt für sein Leben hier in Norwegen habe?

Er sagte: Ich will mich nach oben kochen.

Tag 310 (09.07.2019) / Norwegen: Tromsø -> Finnsnes

Strecke: 100 km  (09:15 – 20:00 Uhr)

Straßen enden am Meer. Banal. Ohne Brücken und

Fähren kommt man aber auch als Fahrradfahrer nicht voran. Mir war nicht bewusst gewesen, dass Norwegen ein Inselreich ist.

Eine Küstenstraße, die von Nord nach Süd führt, existierte praktisch nicht. Ständig hoppt man von einem Eiland zum nächsten und wieder aufs Festland zurück.

Am Ende wusste ich überhaupt nicht mehr, wo genau ich mich gerade befand. Grundrichtung jedenfalls “southbound”!

Und im Norden gab jetzt der Sommer sein Gastspiel. Zweiter strahlender Sonnentage in Folge!

Weiß ist doch eine Farbe

Um jede Ecke das norwegische Foto-Grundmotiv: rote Fischerhütte vor blauem Meer.

Sogar kleine Sandstrände. Sie malten mit Hilfe der (schwachen) Sonne das Motiv karibisch aus.

Beruhigend

Nur selten verliefen die Straßen gerade, ebenerdig. Meist war es ein wüstes Gekurve, samt Auf- und Abgestrampel.

I like it

Die Berge im Hintergrund lassen es ahnen.

Die Dörfer, die ich auf Fjordhöhe passierte: natürlich Fischerdörfer. Es schien, als habe jedes Haus seinen eigenen kleinen Hafen.

Zugleich Straßen- und Meerdorf

Gegen 15 Uhr legte ich zur zweitgrößten Insel Norwegens ab – Senja.

Wer bringt hier eigentlich den Rum vorbei?

Sie hat wohl die schönsten und coolsten Sandstrände der Gegend. Davon sah ich aber wenig. Sie befanden sich auf der Westseite, am offenen Meer. Ich aber fuhr die Ostseite ab. Diese war schön, aber nicht aufregend. Ich hatte gut zu arbeiten, um die Tagesstrecke zu packen.

Ziemlich genau um 20 Uhr erreichte ich wieder (diesmal über eine Brücke) bei Finnsnes das Festland. Ich hatte einige Stunden zuvor über ein Buchungsportal ein Hotelzimmer reserviert. Wie so häufig ein Gasthaus ohne Rezeption, ohne Personal. Über einen Code, der einem per sms zugeschickt wird, bekommt man Zugang.

Ein Sesam-Öffne-Dich-Code schließt dir auch deine Zimmertür auf. Du bist für Dich – aber will ich das?

Tag 303 (02.07.2019) / Finnland: Inari -> Karigasniemi

Strecke: 100 km (09:00 – 17:45 Uhr)

Es ging früh zügig hoch. Und genau so früh war Grau-Grün die bestimmende Tagesfarbe.

Etwas für Grün-Liebhaber

Nur zu Beginn mit ein paar Sonnenstrahlen aufgehellt, die riesige Steinbrocken im Wald ausleuchteten.

Findling, Finnling

Abbiege links: und noch 343 Kilometer bis zum Nordkap.

Linksdrall

Die Straße Richtung Norwegen schmal und sehr wellig – manchmal richtig bergig. Sie führte bis auf 350 Meter hoch, stürzte dann ein wenig ab, um gleich wieder Höhe zu gewinnen. Nicht das, was sich ein Fahrradfahrer wünscht, will er schnell vorankommen. Anyway.

Ziemlich uneben

Einmal hielt mich eine ältere Dame an. Sie hatte mich mit ihrem Auto überholt, stoppte und winkte mich zu sich. In ruhigen Sätzen erklärte sie mir auf Englisch, dass einer Bekannten hier in der Gegend ihr junger Husky ausgebüchst sei. Wahrscheinlich folge er Rentieren oder Elchen. Sie bat mich, unterwegs aufmerksam zu schauen, ob ich den Hund vielleicht sichten könnte. Dann sollte ich dringend die Bekannte anrufen und ihr den genauen Ort schildern. Ein Fahrradfahrer – sagte die Dame – sehe mehr als ein Autofahrer. Sie bat mich von ihrem Handy einen Post der Bekannten abzufotografieren, samt Telefonnummer.

Ich versprach, sollte ich den Husky sehen, mich umgehend zu melden.

Ich passte wirklich auf, pfiff auf meiner Weiterfahrt manchmal laut, um den Hund zu locken. Aber mein Pfeiffen bewirkte nur, dass die Wolken sich zürnend entluden und mich den ganzen Rest des Weges bis an die norwegische Grenze mit Regen zuschütteten. Vom Hund habe ich nichts gesehen.

In Karigasniemi, dem letzten Ort vor der norwegischen Grenze, nahm ich Abschied von einem Land, das ich lieben gelernt hatte. 1.700 Kilometer lang.

Tag 283 (04.10.2018) / Strecke: 118 km (10:00 – 19:00 Uhr): Kopenhagen -> Melbystrand (Schweden)

Strecke: 118 km (10:00 – 19:00 Uhr)

(Zwischendurch eine Fährstrecke von Dänemark nach Schweden (ca. 20 Minuten).)

Vorm Verlassen Kopenhagens radelte ich noch ein paar Sehenswürdigkeiten ab. Auch den Nyhavn (Neuen Hafen), der eigentlich der alte ist.

Standard

Die letzten paar dänischen Kilometer angenehm. Der Kattegat glatt wie ein See.
Die Ortschaften wie kleine Kurstädtchen.

Offen - nicht geschlossen
Rentner-Vierer

Badebetrieb im Meer noch möglich. (Ich sah tatsächlich einen älteren Herrn, der sich ins kalte Wasser warf.)

Nicht abgeschlossen - nicht verlassen

In Helsingor transportieren große Autofähren im 15-Minuten Takt vor allem Lastwagen nach Helsingborg (Schweden) und umgekehrt.

Goodbye

Die Überfahrt kurios: Laut einer Lautsprecheransage durfte auf dem Schiff Alkohol nur in dänischem Gewässer gekauft, dafür Tabak nur in schwedischem Hoheitsgebiet erworben werden.

Welcome

Gegen 14:00 Uhr legten wir an und ich rollte in Schweden ein. Die ersten skandinavischen Stunden: grau und regnerisch.

Schwedischgrau

Erst am Abend besserte sich die Sicht ein wenig.
Ich hatte noch eine zermürbende Bergkette zu überwinden, bevor ich schließlich an die Küste kam, die ich mir als Tagesziel ausgesucht hatte.

When night falls

Hotels gab es nicht, nur Privatunterkünfte. Meine Tages-Vermieterin hatte mir am Nachmittag eine SMS geschrieben, dass in Melbystrand im Umkreis von 10 Kilometern kein Restaurant geöffnet hätte. Ich versorgte mich unterwegs also mit dem Nötigsten, um ohne Hunger- und Durstanfälle die Nacht zu überstehen.

Frugal

Tag 264 (16.04.2018) / Moldawien: Comrat -> Chisinau

Strecke: 100 km (09:00 – 16:30 Uhr)

Letzter Radl-Tag. Auch wenn mein Drahtesel krächzte, stöhnte, quietschte: Er hielt durch. So wie ich.

In Konkurrenz

Gagausien ließen wir gemeinsam hinter uns.

Die schlechten Straßen ebenso.

Sinfonie in Braungrün

Die Berge und Dörfer auch.

Mit blauen Einsprengseln

Wir schrubbten zusammen nochmal ganz schön was runter.
Achteten kaum noch auf Details.

Braun-blau-grün
Am Wegrand

Wir wollten beide nur heil in der Hauptstadt Chisinau ankommen. Es wurde uns gewährt: sogar schneller als gedacht.

Das Hotel, in dem wir uns einquartierten, kannten wir schon vom letzten Besuch (vor 1 1/2) Jahren.
Ankunft nach exakt 2.305 km.

Jetzt schloss sich der Kreis. Die letzte Lücke war geschlossen und die Südroute Europas damit auch geschafft.

Unterkunft: Weekend Boutique Hotel, zentrumsnah. Ruhepol in der sonst ziemlich hektischen Stadt. Sehr zuvorkommender Service. Sehr schöne Zimmer. Großes Bad. 38 Euro (ohne Frühstück).

Tag 263 (15.04.2018) / Moldawien: Cahul -> Comrat

Strecke: 80 km (10:00 – 16:30 Uhr)

Am Morgen noch kurz über den Markt in Cahul gegangen, um mich mit Wasser und Snacks für die Fahrt einzudecken. Hatte leider den Fotoapparat nicht dabei. Sehr belebter und schöner Markt. Wie überhaupt: Cahul hatte mich beeindruckt.

Die Fahrt dann sehr anstrengend. Es ging quer zu den Bergketten.

Einen Weinberg rauf.

Rebland

Den andern Hügel wieder runter.

Berg-Tal-Land

Extrem ermüdend. Die Straße schlecht. Aber auch heute kaum Autos unterwegs. Ich freute mich immer, wenn ein Dorf auftauchte.

Langgestrecktes Dorf

Es brachte ein wenig Abwechslung in die staubige, diesige eingegraute und noch gar nicht frühlingsbereite Landschaft.

Seestraßendorf - mit durch den Dunst verzerrten unwirklichen Farben

Urplötzlich wurde die Straße besser. Und es wurde flacher.

Einsatzfähig

Unterwegs immer wieder deutliche Zeichen von echter Volksfrömmigkeit.
Zahlreiche gut gepflegte Kapellen.

Vergoldet und windschief

Oder Kirchen.

Versilbert und Macht demonstrierend

In einem Minimarkt kaufte ich mir mein Mittags-Bier.
Im Nu hatte ich Gesellschaft. Ein Herr, der mich mit seinen Goldzähnen anlachte, ließ sich nicht lange bitten.

Unterhaltsam

Ich lud ihn zu einem Wodka samt Chisinau-Bier ein.
Der Herr konnte zwei, drei Brocken Deutsch: “Auf Wiedersehen”, “Bier”, “Tschüss” und wiederholte seine Kenntnisse gerne.

Goldanlage

Ich befand mich im Herzen Gagausiens (gesprochen: Gaga-Usien). Die Region beansprucht ähnlich wie Transnistrien eine autonomes Gebiet zu sein. Noch (immerhin) kam es aber mit Moldawien nicht zu einem militärischen Konflikt.

Comrat, die Hauptstadt Gagausiens, herausgeputzt.

Goldversilbert
Goldig

Mit Erinnerung an den realen Sozialismus.

Überlebt

Und dem Klimbim, den eine autonome Region wohl haben muss: übermässiger Nationalstolz.

Brimbamborium, das ich nie verstehe

Eigenes Militär. Und Kram.

Schild-Autonomie

Die Menschen in den Straßen: friedlich, freundlich.

Unterkunft: Hotel Altin Palace. Zentrum. Völlig verwinkelter Bau. Mein Zimmer ohne Fenster. Eng. Empfang sprach nur russisch. Schwierige Verständigung. 30 Euro (ohne Frühstück).