Tag 302 (01.07.2019) / Finnland: Sodankylä -> Inari (Teil 2)
Ziemlich genau um Mitternacht fuhr ich an Saariselkä, einem bekannten Wintersportort, vorbei. Checkte per Handy, ob es irgendwo noch eine offene Kneipe geben könnte. Volltreffer. Und landete schließlich in einer riesigen Holzhüttenbar, ganz offensichtlich für den Après-Ski oder den Après-Husky-Lauf konfektioniert. Jedenfalls keine Sommerbar und entsprechend leer: ein paar Jugendliche, die sich betranken oder ihr Geld an den Spielautomaten vernichteten.
Ich wärmte mich auf, leerte zwei kalte Biere und machte mich nach dem Rausschmiss aller Gäste um 2 Uhr morgens wieder auf den Weg.
Mein Schatten irritierte mich. Vor 2 Stunden war er noch rechts von mir, jetzt auf einmal links. Bis mir klar wurde, dass die Sonne, obwohl sie eigentlich nicht wirklich untergegangen war, von West auf Ost umgestellt hatte. Aber wie funktionierte das? Wie konnte sie einfach vom Westhorizont zum Osthorizont hüpfen? Innerhalb weniger Minuten? Wieso hatte ich auf meiner Fahrt durch die nordfinnischen Berge nicht besser aufgepasst?
Schönes milchiges Morgenlicht (schon um 3 Uhr in der Früh!!!).
Weit vor mir liefen einige Rentiere auf der Straße. Ließen sich aber nicht fotografieren (obwohl sie eigentlich überhaupt nicht scheu sind).
Es dampfte und rauchte in den noch ziemlich klammen Flüssen.
Ich zog dicke Strümpfe an, auch mein Handy signalisierte mir, dass die Außentemperatur bei etwa 5 Grad lag.
Nur langsam, langsam wärmte sich das Licht (und ich auch).
Gegen 5 Uhr morgens wurde ich kraftlos. Aber ich wollte unbedingt bis zum Inari-See kommen. Es fehlten noch 30, 40 Kilometer.
Kaum ein Mensch unterwegs. Ich hatte die ganze Morgenwelt für mich.

Verdopplung
Und schleppte mich selbst immer weiter, bis ich kurz nach 9 Uhr endlich in Inari einfuhr. Ein kleiner schmuckloser Weiler am für Samen heiligen Inari-See. Die Ortschaft richtig unansehlich. Gleichwohl: Von hier aus starten viele Touren zu den Inseln auf dem riesigen See oder in die viel angepriesenen Waldtrails. Selbst mit Wasserflugzeugen kommen Touristen hierher. Stranden für ein paar Tage.
So vergebens ich heute Nacht (was ist das?) versucht hatte, ein brauchbares Foto von Rentieren zu schießen, so leicht war es in Inari : Ganze Herden wilderten sich durch die Parks und Grünanlagen.
Kein Mensch, kein Tier fühlte sich belästigt.
Ich war viel zu früh in Inari angekommen. Das Hotel, das ich gebucht hatte, führte im Internet 14 Uhr für den Check-In an.
Ich hatte aber jedes Empfinden für Zeit verloren. Nach meiner morgendlichen Radtour hatte ich das Gefühl, als sei es schon später Nachmittag. Ich ging in einen Supermarkt, ließ mir sagen, dass es erst früher Morgen sei, kaufte trotzdem ein Dosenbier (Lapin Kulta!) und suchte mir ein schönes Plätzchen. Stellte mein Fahrrad an den Stromschnellen des Ivalokoki ab, trank und wartete, dass die Zeit verrann.
P.S. Kurz nach 12 Uhr fragte ich im Hotel nach einem frühen Check-In. No Problem. Ich wollte einfach nur schlafen.