Tag 301 (30.06.2019) / Finnland: Sodankylä -> Inari
Strecke: 235 km (09:30 – 09:15 Uhr)
Reisewetterbericht: Eine Regenfront ist im Anmarsch. Letzter schöner=sonniger (schön kann er ja auch sonst sein) Tag soll heute sein. Dann mindestens 5 Tage Grauzeit mit Kälte, Wind und ziemlich was von oben.
Also was tun? Nichts – beschloss ich. Nichts organisieren, kein Bett vorbestellen. Losfahren! Und wenn nötig: durch die Nacht (die es grad nicht gibt). Ich wollte Licht genießen.
Es wurde eine 24-stündige Reise durch den Norden Finnlands. 235 Kilometer am Stück bis zur völligen Entkräftung.
Der Anfang: easy. Ebenerdig, eigener Radweg, auf dem ich der alleinige Herr war. Niemand überholte mich, niemand ließ sich überholen. Ich war allein. Diese Route – hoch zum Nordkap – war offensichtlich nicht die Biker-Autobahn.
Ich bewegte mich nun im Innern Finnlands. Seenplatte. Unüberschaubar die Zahl der Gewässer. In vielen machten sich Angler die Füße nass. (Sicher nicht! Sie waren bestens ausgerüstet – ALLE!- mit Gummistiefeln, Spezialkleidung, modernstem Sportgerät.)
Ob Mann, ob Frau – sie hatten ihre Ruhe – und ihren stillen Spaß (Sind das die Faktoren für Glück? Finnisches Glück?).
Ein See, ein Teich, ein Tümpel: Keiner war unbehaust.
Ich fotografierte mich ein wenig durch diese Unübersichtlichkeit, bis ein Einheimischer vorbeikam, mich auf Finnisch aufforderte, ihm zu helfen, sein Boot zu entwässern (einfach umstülpen und aufgefangenes Regenwasser abfließen lassen), sich bedankte (ich versteh kein Finnisch, aber die Gesten waren sehr freundlich eindeutig) und sich wieder davonmachte.
Der Mittag war schon vorbei, ich verließ immer wieder die Hauptstraße (E75), schaute, ob es etwas Interessantes jenseits gab.
Aber Finnlands Provinz glich sich – egal, wo ich fuhr. Schöne (Fertig-) Holzhäuser mit akkurat geschnittenem englischen Rasen (wieso lieben Finnen eigentlich Wildnis?).
Briefkästen nicht an der Hauswand, sondern en bloc am Straßenbeginn.
Und Winz-Dörfer, in denen ich manchmal zweifelte, ob sie überhaupt dauerhaft bewohnt sind.
Ab und zu merkwürdiges Schamanenzeugs.
Und immer, immer, immer: die eigene Hütte am Teichufer.
Und immer, immer, immer mit Sauna (hier rechts im Bild).

Ausgeklügelt
Ist das finnische Mittel für Glück einfach nur die Entschleunigung?

Jeder See wirkt wie ein abgesteckter Claim
Mein fotografisches Trödeln brachte mich langsam in Zeitschwiergkeiten.
Aber ein Motiv reihte sich an das nächste.
Als lebte hier Chingachgook.
Als kämpfte er immer noch gegen die weißen Eindringlinge.
Und als seien die Mohikaner gar nicht brutal gekillt worden, sondern rechtzeitig nach Finnland ausgewandert.
Die Tour wurde nun anstrengender, zeitweise führte die Straße auf 350 Meter hoch. Schon lange war ich durchgeschwitzt. Ich sehnte mich nach einem Bier.
Es war ziemlich spät (21 Uhr) – als ich schließlich die “Gold-Village” erreichte.
Früher eine Banditen-Goldgräberstadt, heute eine stille Touristen-Illusion…
… aber mit einem fantastischen Restaurant.
Ich stärkte mich nach 125 Kilometern querfeldein durchs Land mit einer Rentiersuppe (stilecht serviert auf einer Goldwash-Pan) für die Nacht (die es ja nicht gab) und für die nächsten Hundert Kilometer die noch vor mir lagen.