Meer Europa

Schlagwort Archiv: Naturschutzgebiet

Tag 284 (05.10.2018) / Schweden: Melbystrand -> Varberg

Strecke: 112 km (09:15 – 19:00 Uhr)

Der Morgen legte eine Regenpause ein. Ließ mich den Melbystrand genießen. Im Sommer müssen hier Rimini-Zustände herrschen.

Ziemlich bedünt

Jetzt war ich allein.

Ziemlich bespült

Alle 100 Meter druckte sich ein Fertighäuschen hinter den Dünen weg.
Ich weiß nicht, ob die alle bewohnt oder nur Ferienwohnungen waren. Menschen sah ich nicht.

Eingebettet

Es ging kilometerweit so weiter. Grundstück an Grundstück. Ohne dass die Häuser sich mal zu einem Dorf klumpten.

Häusersaum

Aber dann doch: eine winzige Ansiedlung, die den Namen Ortschaft verdiente. Sogar mit einem Kurhotel. Das jedoch schon in Herbst-Winter-Frühlingsschlaf gefallen war.

Eingemottet

Der Fahrradweg eh schon einsam und dann führte er auch noch durch einen stummen Wald.

Beschattet

Nur manchmal Zeichen, dass in dieser Gegend tatsächlich jemand lebte.

Farbklecks

Aber selbst die Bauern waren heute nicht auf ihren Feldern.

Gegen Mittag erreichte ich ein Naturschutzreservat.

Gebeugt, nicht gefällt

Einsamkeit lässt sich nicht steigern. Einsam, einsamer? Nee, geht nicht

Gestrandet

Ich konnte gar nicht so viel atmen, wie der Sauerstoff sich mir aufdrängte. Reinste Luft. Aber feucht-schwer und eigenartig dunkel.

Gekurvt

Immerhin regnete es mal eine Weile nicht.
Der Herbst hatte Schweden bereits fest im Griff.
Manchmal raschelte das rote Laub (raschelt es anders als grünes?).

Gewässert

In einer Bucht ein Fischereibetrieb ohne Fischer.

Verlassen
Aufgespult

Alles verrammelt und verriegelt.

Rot macht froh

Natur nur für mich.

Begrünt

Verweilen?
Nee, ging auch nicht.
Regen kündete sich an.
In der nächst größeren Stadt machte ich eine kurze Rast. Kaufte mir auf dem Marktplatz von Halmstad an einem Stand einen Hotdog. 20 Kronen. Ich hatte aber nur einen 100er Schein und der Verkäufer konnte nicht herausgeben. Er wollte mir die Wurst schenken. Ich wehrte mich. Ich fragte ihn, woher er stamme. Es war klar, dass er kein gebürtiger Schwede war. Er antwortete (in gebrochenem Englisch): aus Syrien. Mit der ersten Flüchtlingswelle zu Beginn des Bürgerkrieges war er hierher gekommen. Offensichtlich hielt er mich für bedürftig (sah ich schon nach 3 Wochen Rundreise so heruntergekommen aus?) und zeigte Solidarität mit einem Schicksalsverwandten (sah ich wirklich so abgemagert und hungrig aus?).
Ich drückte ihm 2 Euro in die Hand und hoffte, er konnte sie irgendwo tauschen.
Er winkte mir nach.

Spät in Varberg eingetrudelt. Pitschenass. Das einzige Hotel mit noch freien Betten war das ehrwürdige alte Stadthotel. Very british. Die Hautevolee war hier versammelt bei Klaviergeklimper und Whisky-Tasting. Frauen (vor allem junge) in Abendgarderobe, Männer in Anzug und mit Hipsterbart. Ich kam mir fehl am Platz vor. (Sah ich wirklich so zerzaust aus?)

Tag 275 (26.9.2018)/ Dänemark: Ringkøbing -> Klitmøller

Strecke: 131 km (09:15 – 18:45 Uhr)

Schnell erzählter Tag: Schon als ich losfuhr, stürmte es. Erst gegen mich, dann von der Seite.
Bald regnete es auch noch. Und es war klar: Der Tag hatte einen dauerhaften Grauschleier

Unterwegs ein paar Vergangenheits-Reminiszensen

Wikinger zu Holzsäulen erstarrt

Ein wenig Neuzeitliches.

Windmonumente

Dann eine wacklige 10 Minuten-Überfahrt über den Thyborøn-Kanal.

Funktional

Entlang einem (bei schönem Wetter sicher) interessanten Naturschutzgebiet geradelt.
Wiederholt gegen den Wind geflucht.

Salzwiesenkühe

Auf einer leichten Anhöhe erahnt, wie aufregend die Dünenlandschaft an der Küste war.
(Hab aber kaum etwas davon gesehen. Zu regnerisch und grau.)

Und schließlich meinem Gefährten gedankt, dass er mich sicher durch all diese Unbill gelotst hat. Entkräftet kurz vor Sonnenuntergang angekommen.

I like you

Klitmøller, eine Surfer-Hochburg, wie ausgestorben. Gottseidank hatte wenigstens eine Pizzeria auf.

Unterkunft: Guesthouse Klitmøller. Neuer Komplex. Zimmer mit Gemeinschaftsbad und -klo. War aber kein Problem, ich schien alleine zu sein. Die Rezeption war schon längst nicht mehr besetzt. Ein dicker Zettel an der Eingangstür leitete mich zu meinem Zimmer. 80 Euro (ohne Frühstück).

Tag 212 (30.09.2017) / Italien: Grosseto -> Civitavecchia

Strecke: 123 km (09:15 – 18:15 Uhr)

Mühsam war der Beginn. Den direkten Weg zur Küste konnte ich nicht nehmen, der war nur Autos vorbehalten. Also musste ich mir kleine Provinzstraßen suchen. Die führten durch sehr welliges Hinterland. Ich war in der nicht sehr klassischen Toskana.

On the top

Maremma hieß die Gegend. Ich kannte sie von einem klingenden Weinnamen: Morellino di Scansano.
Scansano war nicht wirklich weit weg. 30 bis 35 Kilometer.
Aber was hätte ich dort getan?
Weinkeller leertrinken?
Am frühen Morgen?

Also kurvte ich weiter durch die italienische Agrarwelt.
Mal türmten sich Burgdörfer auf.

Unser Dorf soll schöner werden

Mal duckten sich kleine unscheinbare Weingüter hinter Herbstreben weg.

Hoffentlich ein guter Jahrgang

Und dann kam eine meiner Lieblings-Viertelstunden: Vollen Schuss runter ins Tal. (Hätte ich lange Haare – sie wehten immer noch hinter mir.)
Bis ans Meer.

On the rocks
On the sands

Aber kaum unten, kletterte ich schon wieder rauf. Ansedonia hieß das Küstenkaff. Und schlängelte sich steil den Berg hoch. Das Meer bekam ich praktisch nich mehr zu sehen. Alles Villen – Millionärsverstecke. Fotografieren lohnte sich nicht. Mauern oder Buschmauern waren ihnen sicherer Sichtschutz.

Exklusive Aussicht

Wieder unten im Tal führten autoleere Straßen durch ein herrliches Naturschutzgebiet.

Beschattet

Bald war auch Civitavecchia zu spüren. Ölig – der Geruch. Breit wurden die Straßen. Schmutzig die Einfahrt. Eine heruntergekommene Hafenstadt. Durchgangsstation, wie ich sie schon so oft durchfahren habe. Kaum ein Tourist bleibt hier länger als die paar Stunden, die er auf seine Fähre zu warten hat.

Und doch war die Stadt total liebenswert.
Pralles Altstadtleben.
Auf der Straßenterrasse der Weinbar, die ich mir ausgesucht hatte, waren alle Tische belegt. Also servierte mir der Wirt seine Empfehlungen auf eine freie Parkbank. Exzellenter Morellino. Exzellente Antipasti. Geld wollte er zum Schluss auch kaum. Nicht einmal den halben Preis akzeptierte er als Bezahlung. Es blieb sein Geheimnis, womit ich seine Großzügigkeit verdient hatte.

Ideale Kombi

Ich jedenfalls schrieb mir zum zweiten Mal auf der Reise in mein Notizbuch: Ich liebe Italien!
Und kleinen italienischen Dramen durfte ich auch noch zuschauen. (Waren es überhaupt welche?)

Auch eine Kombi?

Unterkunft: Hotel Porto Di Roma. Altstadt. Klein aber sehr fein. Grandioser Portier. Überschlug sich fast mit seiner Hilfsbereitschaft. Fahrrad in Abstellkammer untergebracht. (60 Euro mit Frühstück.)

Tag 186 (12.04.2017) / Spanien: Dénia -> Valencia

Strecke: 95 km (10:00 -19:00 Uhr)

Über weite Strecken fuhr ich die alte Landstraße, die, meist ein wenig ins Innere versetzt, die Küstenlinie nachbildete.

Rollweg

Orangenhaine prägten die Gegend. Oft mit Direktverkauf.

Der Horizont war mit scheußlicher Architektur zugekleistert. Die gesamte Strecke. Kilometer für Kilometer.

Betonierter Horizont

Kam ich mal ans Meer, fragte ich mich, wie jemand einen solchen Urlaub überhaupt aushalten kann. Vom Hotelbett an den übervölkerten Strand ins überlaufene Restaurant an die übervolle Strandbar zurück ins ausgebuchte Hotel.

Selbst aus den Autos mit geschlossenen Fensterscheiben drang penetranter Sonnencremegeruch.

Ich hatte das Gefühl, dass mehr Einheimische als Ausländer an der Costa Blanca ihren Oster-Urlaub verbrachten.
Manchmal hörte ich ihren Gesprächen zu.
Spanier reden morgens darüber, was sie mittags essen wollen, und diskutieren am Nachmittag über das Abendmenü.
Deutsche sprechen den ganzen Tag von irgendwelchen Schnäppchen.
Und ich? Ich murmelte unterwegs unablässig mein Reise-Mantra: “Kilometer fressen Kräfte auf”.

Ich war froh, heute ein wenig versetzt zum Trubel radeln zu können.
Ich hatte sogar Zeit, mich in Nichtigkeiten zu vertiefen.
So war ich am Morgen durch eine tiefe Pfütze geradelt und hatte mir die Füße klatschnass gemacht. Meine Strümpfe trockneten nicht. Trotz 20 Grad Frühlingswärme und den ganzen Tag Sonne. Das beschäftigte mich über Stunden.

Selten mal etwas anderes als Felder. Eine fast naturbelassene Flussmündung.

Süßwasserhaus

Sonst waren auch Bach- und Flussufer in Siedlungsnähe meist ausbetoniert.

Süßwasserverbauung
Unverbaut

15 Kilometer weiter schon die drittgrößte Stadt Spaniens: Valencia. Ihr geht der Ruf voraus, ein häßliches Industriemonster zu sein.

Ich sah aber viel Schönes und Interessantes.

Schön gebaut
Youtube-Dance

In der Altstadt wurden, für mich überraschend, früh die Bürgersteige hochgeklappt.

Obwohl hungrig angekommen, sah ich mir in einem irischen Pub erst die beiden Championsleague Spiele (Dortmund/Monaco und B. München/Real Madrid) an. Anschließend suchte ich ein Lokal, um die berühmte valencianische Paella zu genießen. Nichts wurde aus der Idee. Ab 23 Uhr war überall die Küche geschlossen. Sehr ungewöhnlich für Spanien.

Kunstvoll

Ich sättigte mich mit Bellota-Schinken und reichlich Wein.

Unterkunft: Hotel Villacarlos. Im Zentrum. Modern ausgestattet. Zuvorkommender Service. Gut. (45 Euro ohne Frühstück). Fahrrad in Abstellkammer untergebracht.